Gerade ist der neue Band der Lesepredigten erschienen: M.Schult (Hg.), Er ist unser Friede. Lesepredigten, Reihe VI, Bd.2, Leipzig 2024. Seit langem arbeite ich bei diesen Predigten mit und habe in den letzten Jahren insgesamt fünfundzwanzig Predigten geschrieben. Im neuen Band bin ich mit einer Predigt über Mt 5,38-48 vertreten. In den Band ist ein Blatt eingelegt, in dem der Verlag mitteilt, daß die Lesepredigten nun nach Jahrzehnten des Erscheinens aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt werden.
Ich finde das sehr schade, denn über die Jahre war mir die Mitarbeit sehr wichtig geworden. Ich finde es gut, wenn ein Herausgeberkollegium und eine Redaktion dafür sorgen, daß eine gleichbleibend hohe theologische Qualität garantiert wird. Ich weiß, daß sich Buch-, Schreib-, Redekultur seit dem Beginn der Digitalisierung in einem tiefgreifenden Wandlungsprozeß befinden. Dieser Prozeß betrifft auch Theologie und Kirchen (mehr dazu in dem Essay „Das Wort sie sollen lassen stahn. Beobachtungen zum digitalen Strukturwandel im spätklerikalen Protestantismus“).
Wer sich im Internet Predigten umsonst herunterladen kann, der wird nicht extra ein Buch kaufen, um Anregungen für seine Predigttätigkeit zu bekommen. Allerdings muß klar sein, daß das Internet auch keine redaktionellen Qualitätsfilter besitzt, und mit Qualitätsfilter meine ich nicht das verordnete „Coaching“ von homiletischen Instituten. Es sind allenthalben Phänomene der Banalisierung, Verkitschung und Enttheologisierung von Predigten zu beobachten. Die Einstellung einer Predigtbuchreihe ist ein Symptom, nicht Ursache oder Konsequenz, eines länger und tiefer wirkenden Prozesses, der nicht von Verlagen und Predigerinnen und Predigern gesteuert wird. Die neuen homiletischen und rhetorischen Entwicklungen wären einer längeren Betrachtung wert, die ich nicht noch in diesen Blogpost pressen möchte. Zunächst ist ein Moment des Innehaltens und der Trauer angebracht. Den Herausgebern ist für ihre langjährige Arbeit zu danken.